Nach knapp zwei Stunden Autofahrt seit Valencia befinde ich mich kurz vor dem Flughafen Teruel in der spanischen Provinz Aragonien. Um mich herum eigentlich nur gähnende Leere. Berge und Hügel, manchmal ein paar Bäume, viel Natur. Eigentlich erwarte ich hier nichts. Doch dann taucht ein Auto nach dem anderen auf und ehe ich mich versehe, befinde ich mich mitten in einer Rushhour. Viele Autos fahren mit hohem Tempo in Richtung Flughafen. Es ist kurz vor 08:00 Uhr. Schichtbeginn bei Tarmac Aerosave. Dieses 2009 gegründete französische Unternehmen hat sich auf die Pflege und Wartung eingemotteter Flugzeuge und das Recycling derer, die verschrottet werden sollen, spezialisiert.
Der Flughafen von Teruel liegt auf einer Höhe von 1026m und ist der perfekte Ort dafür. Hier scheint die Sonne an durchschnittlich 242 Tagen im Jahr und die Luft ist sehr trocken. Regen gibt es nur selten. Ideal für die Konservierung langzeitgeparkter Maschinen.
Bis zum Jahr 2009 befand sich hier, etwa 10km von der gleichnamigen Stadt entfernt, der Militärstützpunkt Base Aérea de Caudé, ehe im Jahr 2013 der jetzige Flughafen unter dem Namen Plataforma Aeroportuaria Teruel, kurz auch Plata genannt, eröffnet wurde.
Seine 2825x45m große Landebahn in Nord-Süd-Ausrichtung (18/36) reicht auch für die größten Flugzeuge wie Boeing 747 oder Airbus A380. Zumindest wenn sie nicht voll beladen sind.
Das wird allerdings auch nie passieren, denn regen Passagierverkehr gibt es hier nicht. Der Flughafen wurde schon von Beginn an als reiner Abstellplatz gebaut.
Zunächst fanden nur wenige Flugzeuge den Weg hierher in die Sonne Aragoniens. Doch mit den Jahren mauserte sich das Gelände zu Europas größtem Flugzeugparkplatz. Die Corona-Pandemie ist für die Welt ein Fluch, doch für Teruel ein Segen. So gut wie alle Fluggesellschaften in Europa mussten einige oder alle ihre Maschinen stilllegen, ausrangieren oder parken, als sich das Virus zu Beginn rasant ausbreitete und die Welt im Lockdown erstarrte. Welcher Ort wäre hierfür besser geeignet als dieser.
So parkten namhafte Airlines aus aller Welt ihre Flugzeuge in der Einöde Spaniens. Etihad Airways zum Beispiel hatte schon vor der Pandemie viele ihrer A330 und A340-600 hierher zur Verschrottung gebracht. Im Jahr 2020 kamen sechs ihrer zehn A380 zum Langzeitparken hinzu. Ob diese jemals wieder für die arabische Airline fliegen werden, ist noch nicht entschieden. Auch Air France hat hier zwei ihrer A380 eingemottet. Die französische Airline wollte den Superjumbo ursprünglich noch bis 2023 fliegen, entschied sich jedoch mit Beginn der Pandemie für das sofortige Aus. Eine der hier abgestellten A380 war nur geleast. Der Eigentümer Dr. Peters Group hat sie bereits zum Verkauf ausgeschrieben.
Die deutsche Lufthansa hat hier ihre gesamte A380-Flotte abgestellt. Ebenso warten einige ihrer A340-600 auf bessere Zeiten. Doch diese scheinen tatsächlich zu kommen. Bei meinem Besuch wird gerade die D-AIHU wieder flott gemacht und wartet auf dem aktiven Flugvorfeld auf ihre Abholung und Rückkehr in den Liniendienst. Und die Hotel Uniform ist nicht die Erste. Bereits drei weitere A340-600 haben Teruel wieder verlassen. Und das, nachdem Lufthansa zu Beginn der Pandemie eigentlich bekannt gegeben hatte, dass die 600er-Flotte nie wieder abheben wird.
Zu den schon viele Jahre hier geparkten Jets zählen drei ehemalige Transaero Boeing 747-400. Eine davon trägt als Sonderlackierung die farbigen „helping hands“ des Life Line Fund, die andere das Gesicht des Amur Tigers. Alle Jumbos besitzen seit Mai 2021 amerikanische Registrierungen der TVPX Trust Services und sollen in Kürze für Aquiline International aus den Vereinigten Arabischen Emiraten als Frachter fliegen.
Exotisch wirkt auch die McDonnell Douglas MD-88 in Iberia-Farben, seit 2016 geparkt und ebenfalls mit November-Registrierung. Wann und ob diese jemals wieder für einen neuen Eigentümer abheben wird, ist fraglich.
2020 musterte British Airways ihre Boeing 747-400 aus. Fünf von ihnen warten hier in der Abgeschiedenheit auf ihr trauriges Schicksal, die Verschrottung.
Doch auch fast nagelneue Airbus A350-900 sind zwischen den vielen Maschinen zu finden. Zwei davon im jungen Alter von nur etwa drei Jahren tragen noch die Farben der South African Airways. Die österreichische Registrierung verrät, dass sie nun dem Leasinggeber Avalon gehören und auf neue Nutzer warten.
Besonders eindrucksvoll sieht der gigantische Abstellplatz aus der Luft aus. Ich chartere mir ein Flugzeug und lasse den Piloten über dem Gelände kreisen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Gut 100 parkende Flugzeuge zähle ich. Damit ist der Platz allerdings noch lange nicht ausgereizt. Auf einer Fläche von 340ha können bis zu 225 Maschinen abgestellt werden.
Richtig still wird es auf den Abstellflächen Teruels unter der Woche nie. Während meines Besuches ist ständig Maschinengeräusch, das Piepsen eines rückwärtsfahrenden Lastwagens oder das dumpfe Brummen eines Flugzeugschleppers zu hören. Das Geschäft boomt und Tarmac Aerosave hat alle Hände voll zu tun.
Nur am Wochenende kehrt gespenstische Stille ein und so mancher Außenstehende glaubt dann, auf Europas größten Flugzeugfriedhof zu blicken.