Sibirien im Winter

Endlich war es wieder soweit und es stand ein lang ersehnter Trip an. Grund: der von Avia Events geplante IL-18-Flug mit dem russischen Militär. Dies war ja schon der zweite Anlauf nach einem ersten verpatzten. Ich riskierte es und warf „all in“ ein. Zu verlockend war die IL-18, die mir noch im Log fehlt. Doch auch im Falle einer erneuten Absage (beim ersten Mal war ich zum Glück nicht dabei) sollte der Trip und das Visum nicht umsonst sein. So bastelte ich um das Flugwochenende noch etwas herum.
Am 10.12.19 ging es zusammen mit Chris Preinl los und mit Aeroflot zunächst nach SVO. Dort 5h Transit und dann weiter mit Aeroflot 737-800 (ganz schön unbequem) nach Irkutsk. 5h Nachtflug im pumpvollen Flieger reicht dann auch und bereits 30min eher als geplant landeten wir bei Schnee und -15°C. Gar nicht mal so kalt für Sibirien… zudem war es eine trockene Kälte, die sehr angenehm war. Am Airport trafen wir Manfred Kühl, der uns eine Zeit lang begleitete. Die Sonne ging erst um 0900 auf, sehr spät. Zu dieser Zeit waren wir schon im Hotel zu einer Erfrischung.

Anschließend orderten wir per Yandex App ein Taxi ins 70km entfernte Listwaniya am Baikalsee. Die Fahrt über verschneite Straßen (doch mit Spike-Reifen kein Problem) dauerte eine Stunde, dann befanden wir uns am tiefsten See und zugleich größten Süßwasserreservoir der Welt. Es ist auch der am spätesten zufrierende See in Sibirien. Am Ende des Dorfes kamen wir am Baikal Sled Dog Center an. Dort hatten wir eine Fahrt mit den Schlittenhunden gebucht. Um 1300 ging es los. Und gleich Vollgas, denn die Hunde kennen kein langsam. Eine Stunde lang ging es durch den sibirischen Wald, auf größeren und manchmal auch kleineren Wegen. Ein tolles Erlebnis, wenn auch nicht so billig. Im Center gab es auch Pferde und Kutschen.
Auf der Rückfahrt machten wir noch einen Stopp am Baikalsee.

Zurück in Irkutsk schauten wir uns das alte Museumsschiff Angara am bereits zugefrorenen Fluss Angara an. Daneben wurde gerade eine Erlebnisstadt aus Eis gebaut.
Zum Sonnenuntergang kam die Sonne heraus. Das gab eine tolle Kulisse. Anschließend schauten wir noch ein bisschen in der Stadt herum.

12.12.2019:
Auch am Vormittag liefen wir durch die Stadt. Mit -10°C nicht unangenehm kalt. Abseits des Zentrums fanden wir schöne klassische alte russische Holzhäuser vor. Hier holten die Leute sogar noch Wasser am öffentlichen Brunnen an der Straße!

Dann gings zum Airport. Am Vorfeld 8x Angara An-24, eine Mi-8 startete und eine Let-410 der SiLa wurde gerade abgefertigt.
Der Hangar absolut geil: 2x An-24, 1x An-12 und 1x An-148 standen bei Schummerlicht drin.
Wir hatten dann die An-148 der Angara. Letzte Passagierairline, die diesen Typen noch fliegt. Zunächst ging es in 2:20 nach Tomsk. Dort mussten wir aussteigen, was aber eine gute Fotomöglichkeit bot.

Dann weiter 2h nach Tjumen. Dort bei fantastischem orangen Dämmerungshimmel bei -10°C und vereistem Vorfeld gelandet. Tolle Kulisse. Mit dem Taxi in die Stadt ins Hotel. Nach dem Essen noch kurz die Stadt erkundet. Viel gibt es nicht, aber die Liebesbrücke in verschieden beleuchteten Farben war nett, auch der Blick aufs Kloster unweit der Brücke.

13.12.2019:
Es ging schon ganz in der Früh los. Noch vor Sonnenaufgang starteten Chris und ich mit dem Aeroflot SSJ 100 in Tjumen zurück nach Moskau. Manfred nahm einen Flug später und kehrte direkt nach München zurück. Während unseres gesamten 2,5h dauernden Fluges konnten wir einen beeindruckenden orangen Dämmerungshimmel im Osten bewundern, da wir der Sonne davonflogen. Erst im Anflug auf Moskau dann unter die Wolken getaucht.
Mit dem Taxi gings dann Richtung Air Base Chkalovsky, wo wir einen russischen Freund meines Kumpels trafen. Er brachte uns auf ein Hochhaus neben der Air Base, von dessen obersten Balkon man einen guten Blick auf die Base hatte. Das war ein Geheimtipp unter den Russen und kein offizieller Spottingpoint. Leider flog mein Objekt der Begierde nicht: die IL-80, eine umgebaute IL-86. Diese hätte ich so gerne gesehen und gehört. Stattdessen machte die IL-82 Trainingsanflüge. Aber auch die war nicht schlecht. Zudem noch eine IL-22 in der Platzrunde und zwei Tu-134UBL starteten. Nur geil, was da auf dem aktiven Vorfeld flugbereit stand:
Tu134 9x
Tu154 14x (inkl. Open Skies und Kazakhstan Air Force)
IL18 4x
IL22 7x
An148 10x
An72 10x
An12 4x
IL80 2x
IL62 5x
IL82 2x
IL76 8x
Tu134UBL 5x
Yak42 1x
Mi8 4x
IL96 1x
Tu204 2x
Mi-24 1x
CASA 235/295 Uzbekistan 1x
An-124.
Danach fuhren wir noch in den Anflug bzw. neben die Rwy. Da spotten dort ja verboten ist und man verpetzt wird oder von der Polizei gesucht wird, wenn man nicht aufpasst, ist das immer eine heikle Geschichte. Aber mit lokalem Guide machbar. Es starteten dann eine An-124, 2x eine Tu-134, eine Tu-154 und eine Il-76. Eine An-72 machte viele Anflüge, eine An-12 landete und die An-124 landete wieder. Und das innerhalb 1,5h! Nur geil! Und kein einziges westliches Plastik am Platz. Wie früher in den guten alten Zeiten!!

Am Abend schauten wir dann zum Roten Platz. Davor ein netter Weihnachtsmarkt und auch vor dem Bolschoi Theater schön dekoriert.
Tja, dann kam auch die Nachricht, dass unser IL-18-Flug wegen „technischer Vorbereitungen“ um einen Tag verschoben wurde. Das war für mich dann schon fast eine finale Absage, aber natürlich mussten wir bis zum nächsten Tag warten.

14.12.2019:
Am Nachmittag schauten wir zum VDNKh-Park in der Stadt. Dort alles toll dekoriert und beleuchtet. Auch kamen wir am Kosmonautenmuseum vorbei, wo ich 2004 bei meinem ersten Besuch in Moskau war. Der TV-Tum Ostankino war in den russischen Nationalfarben beleuchtet.
Der Park war wie ein einziger Christbaum. Überall Lichter und dazwischen eine 3,5km (!) lange Eislaufbahn.
Weiter hinten standen eine Yak-42 und eine Vostok-Rakete sowie die Buran. Letztere war nur ein Modell für Beschleunigungs- und Vibrationstests damals. Sie war nie im All. Trotzdem beeindruckendes Teil!
Am Abend lichteten wir noch den Kreml in der Dunkelheit ab und schauten auf den Weihnachtsmarkt am Roten Platz. Dort am Christbaum hingen Raketen und der Sputnik.
Dann kam auch die erwartete finale Absage des IL-18-Events. Was für eine Schande und Ärger. Aber fast vermutet… das russische Militär ist eben alles andere als zuverlässig. Aber dennoch wollte man die Hoffnung nicht aufgeben und es hätte ja funktionieren können…

15.12.2019:
Heute also ein verlorener Tag. Ausschlafen war angesagt, danach eine Massage im Hotel und danach das Space Pavillion Museum im VDNKh-Park. Dieses sehr interessant. Viele Stücke aus der sowjetischen Raumfahrtgeschichte waren dort ausgestellt. Aber auch das Gebäude mit seiner gigantischen Kuppel war mehr als beeindruckend.
Danach gabs noch die Sauna im Hotel und dann war der Tag auch rum.

16.12.2019:
Einziger Tagespunkt: Rückflug mit Aeroflot von SVO nach MUC.
Trotz des ausgefallenen IL-18-Fluges ein gelungener Russlandtrip mit vielen schönen Erlebnissen!