Seit Jahren probierte ich schon, die DC-9 einzulochen. Hatte ich doch noch keine einzige in meinem Log. 2014 in Venezuela knapp vorbeigeschrammt (2013 flogen noch viele bei Laser, Aserca, Aeropostal). Aeropostal war damals die einzige Airline, die noch eine einzige DC-9 hatte. Doch kurz bevor ich da war, ging die in die Wartung und kam nie wieder heraus…
Mittlerweile stieg Kenia zum letzten Land der Welt auf, wo noch eine Pax DC-9 geflogen werden kann. Denn auch bei PAWA in der Dom. Rep. wurde die bereits gegen MD-80 ausgetauscht oder fliegt nur noch so selten und unregelmäßig, dass es nicht planbar ist.
Ende Dezember spielte ich immer mehr mit dem Gedanken, nach Kenia zu reisen. Nachdem BA einen Flug von MUC nach NBO und zurück für 430EUR im Programm hatte, schlug ich zu. Jetzt oder nie!
Zweites Missionsziel war der Kilimanjaro. Schon immer davon beeindruckt, wollte ich den Berg einmal im Leben live sehen.
Jetzt stand nur noch ein Problem im Raum: Malaria! Da bei uns noch Familienplanung ansteht und ich immer besonders gerne von Mücken aller Art gestochen werde (liegt es an der vielen Schokolade, die mein Blut so süß macht???), war das Risiko für mich noch höher. Da ich gesundheitlich noch leicht angeschlagen war, wollte ich auch keine Prophylaxe nehmen. Also buchte ich lediglich vier Tage, immer mit Übernachtung im Hotel in Nairobi. Zusätzlich kaufte ich mir ein imprägniertes Moskitonetz, eine stichfeste Hose und Hemd. Das sollte ausreichen…und genug Zeit sein, um die DC-9 und den Kilimajaro in den Sack zu bekommen.
Am 18.01. ging es los. Zunächst mit BA A319 von MUC nach LHR. Dort übernachtet. Am 19. mit der G-BNLP 747-400 von LHR nach NBO. Da es ein Tagflug war, freute ich mich schon auf die Wüste in Ägypten und im Sudan. Die G-BNLP war stolze 27 Jahre alt. Das Alter merkte man ihr auch deutlich an. Meine Armlehne war mit Klebeband geflickt, bei der Toilette gab es noch Aschenbecher, auf den Gepäckablagefächern lag eine fette Staubschicht und das Entertainment-System war noch aus den Anfängen. Gerade dass es ein Touchscreen geworden war, aber Bildqualität marginal, es liefen ganze 4 Filme (jeder fing zur gleichen Zeit beim Boarding etwa an und konnte nicht individuell angehalten oder zurückgespult werden). 3 von denen übelst, da lief einem das Ohrenschmalz heraus und der andere war der Barry Seal, den ich aber schon im Kino gesehen hatte. Naja…
Der Service war dafür klasse. Sehr nett. Die Wüste in Ägypten und im Sudan beeindruckte ebenfalls. Wir flogen immer entlang des Nils, bis die Sonne unterging.
Nach 7h40min Flug landeten wir in NBO in der Nacht. Aussteigen über Treppen, obwohl Fingergate vorhanden, ist beim Jumbo auch immer nett.
Einreise (E-Visa in Deutschland schon besorgt) war problemlos. Anschließend Transfer ins Airport Landing Hotel, 10min vom Apt entfernt. Etwas teuer mit 63EUR pro Nacht fürs Deluxe-Zimmer, aber Qualität absolut OK.
Am 20.01. wurde ich in der Früh von meinem Safari-Guide abgeholt. Die Touren hatte ich auch bereits in Deutschland (für teures Geld, aber was soll man machen, wenn man Auto, Guide und Eintritt für sich alleine als Privatfahrt zahlen muss) gebucht. Es ging in den Nakuru Nationalpark im Westen von Nairobi. Die Straße ist die, die vom Mombasa nach Eldoret führt. Auf dieser verkehrt der komplette Schwerlastverkehr des Landes und dementsprechend chaotisch und gefählich war es auch. Wirklich manchmal ein Abenteuer. Man sah auch immer wieder wahnwitzige Unfälle, wo man nur den Kopf schütteln konnte…
Nach etwa 3h Fahrt kamen wir an. Es flogten ein paar Stunden Safari. Ich lasse einfach mal Bilder sprechen…
Im Anschluss ging es in die Naivashi Sopa Lodge zum Mittagessen. Danach auf eine Bootsfahrt auf den Naivashi See hinaus.
Am Abend Rückfahrt nach Nairobi.
Am nächsten Tag wurde ich wieder um 0500 in der Früh abgeholt. Gleicher Guide, gleiches Auto. Diesmal ging es die Nairobi-Mombasa-Road nach Osten. In der Dunkelheit selbst für den Guide ein Abenteuer. Fernlicht wird nie ausgeschaltet, trotz unklarer Verkehrslage wird rücksichtslos überholt und die Straße ist nicht immer die beste. Das macht es wirklich anstrengend. Mein Guide benutzte einen Klein-Lkw als Schutzschild und hielt sich immer hinter ihm. Der räumte den Weg frei und fungierte als Blendschutz. Als dann die Sonne langsam aufging, ließen wir den Lkw hinter uns und konnten unseren Weg normal fortsetzen. Bis zwei Tage vorher war es sogar gesetzlich verboten, Privatfahrten vor 0600 in der Früh durchzuführen! Eben um Unfälle zu verhindern. Allerdings wurde dieses Gesetz wieder gekippt.
Als wir die Nairobi-Mombasa-Road verließen, wurde es entspannter. Die Straße nach Süden war perfekt und kaum Verkehr. Und dann tauchte er in der Ferne im Dunst auf: der mächtige Kilimanjaro mit seinen über 5800m! Missionsziel Nr. 2 erreicht! Wir verließen die Teerstraße und nach 20km schlimmer Wellblechpiste kam das Gate zum Amboseli Nationalpark. Bis zum Mittagessen in der Amboseli Serena Safari Lodge folgte ein schöner „Game drive“.
Hier lasse ich wieder Bilder sprechen. Beeindruckend war, dass weite Teile des NP fast Wüste waren und ein Teil richtig saftig und Sumpfgebiet. Dieses entsteht durch das Schmelzwasser, das durch unterirdische Tunnel aus der Schneekuppe des Kilimajaros kommt.
Am Nachmittag starteten wir wieder die Rückfahrt nach Nairobi. Wir hatten Glück und brauchten 3,5h. Aber auch nur, weil Sonntag war, und etwas weniger Lkws unterwegs waren. An Wochentagen braucht man durchaus mal 6h, berichtete der Guide.
Am 22.01. wurde es ernst. Ich fuhr zum Airport, Terminal 2. Ich war mit Hilfe eines Kontaktes bei der Airline auf die beiden Flüge des Tages gebucht, die die DC-9 der FlySAX durchführte. Etwas mulmig war mir dann schon, denn der erste Flug machte die DC-9 für Fly540 nach Juba im Südsudan. Aber was macht man nicht alles, wird schon gutgehen, dachte ich mir.
Nach der offiziellen Ausreise aus Kenia durfte ich als Aviation Enthusiast etwas früher als die Paxe boarden und durfte die Crew kennenlernen. Unglaublich freundlich und herzlich! Im Cockpit waren Captain Francis Kavingo und First Officer Joey Motiga. Natürlich durften Gruppenfotos nicht fehlen. Und zu meiner Freude wurde ich ins Cockpit auf den Jumpseat eingeladen. Außerhalb Europa geht das halt noch unkompliziert.
Die Paxe kamen und schon wurden die beiden Engines der DC-9-14 gestartet. Baujahr 1966, somit aktuell ältester weltweit fliegender Paxjet. Reg. 5Y-SAZ. Das war die frühere ZS-PYB, die VIP-Maschine aus Südafrika, mit der schon Nelson Mandela geflogen war. Diese wurde Ende 2017 einem C-Check unterzogen und neu lackiert. Seitdem fliegt sie für FlySAX. Die Airline besitzt auch noch die 5Y-XXA, die sogar noch ein Jahr älter ist. Da diese aber schon sehr viele Cycles hinter sich hat und ziemlich fertig ist, steht sie eingemottet auf dem Abstellplatz. Die Triebwerke hat man ihr entnommen und in die 5Y-SAZ eingebaut. Auf dem Stadtflughafen Wilson steht noch die 5Y-SAX, auch eine VIP-Maschine, aber nachdem diese nicht mehr gechartert wurde, dient sie jetzt auch als Ersatzteilspender.
Unsere SAZ hat top moderne Sitze. Vermutlich aus Deutschland, denn die erste Sprache bei den Hinweisen auf die Schwimmweste ist auf deutsch. Die Garderobe im Heck und die Toilette sind noch im VIP-Stil.
FlySAX hat auch noch eine F-28. Doch aufgrund Pilotenmangel fliegt diese nur alle 1-2 Monate für einen Tag.
Wir rollten auf die 06 und ohne viel Sound hoben wir ab. Kurs Nordnordwest. Wir sahen schön den Mt. Kenya, Kenias höchsten Berg.
Der Autopilot ist noch aus der frühen Zeit der Entwicklung. Level off kennt er nicht, der Pilot musste für den Übergang vom Steigflug in den Reiseflug den Autopiloten ausschalten, die Maschine ausrichten und dann wieder einschalten. Und alle paar Minuten das gleiche wieder. Da aufgrund von Korrosionsschäden die VOR- und NDB-Antennen kaum Reichweite hatten, wird mit zwei kleinen Garmin-GPS navigiert. Kursfliegen mit der DC-9 ist eh nur so ungefähr…
Im Sudanesischen Luftraum wurde es am Funk spannend. Da es hier noch keine Computer gibt, musste der Pilot alles manuell durchgeben, inkl. Positionsmeldungen, wer wir waren und wie wir fliegen wollten.
Nach knapp 1,5h Stunden dann Endanflug auf die Rwy 13 in Juba. Gleich nach dem Aufsetzen sah ich, dass ich im Spotterhimmel war. Nur russische und exotische Kisten auf dem Vorfeld. UN, Rotes Kreuz, Welthungerhilfe etc. Viele IL-76, An-74 und An-24. Highlight für mich eine NAMC YS-11 mit Reg. TR-KIM. Ich kann bis heute nichts über diese Kiste herausfinden. Die ließ gerade ihre Props an und startete.
Auf dem Vorfeld erwartete unsere Captain einen Einweiser oder eine Info, wo und wie wir parken sollten. Doch nichts passierte. So parkte er einfach da ein, wo er meinte, dass es passt. So genau geht das da nicht.
Das Terminal waren zwei Zelte. Das richtige Terminal wird gerade erst noch gebaut.
Fotografieren war strengstens verboten. Wäre ich erwischt worden, wäre die Kamera weg gewesen. Die hätte ich nie wieder gesehen.
Da die Cockpitfenster offen waren, konnte ich heimlich mit dem Tele rausleuchten. Und kurz an der Tür, als keine Aufpasser da waren.
Ich stieg nicht aus, blieb im Flieger. Der Mitarbeiter von FlySAX in Juba war über meine Anwesenheit informiert worden. Er kam und brachte mir meine Bordkarte für den Rückflug.
Als die neuen Paxe im Flieger waren, wurden sogleich die Engines gestartet und wir verließen Juba. Ich atmete auf, als wir wieder im kenianischen Luftraum waren. Wollte ich doch auf keinen Fall aufgrund eines technischen Defekts im Südsudan hängen bleiben. Visum hätte ich nämlich nicht bekommen.
Auf dem Rückflug zeigte sich sogar noch einmal die Kilimanjaro in der Ferne, mit seiner beeindruckenden Schneekuppe über der Dunstschicht.
Zurück in Nairobi blieb ich dann für 2,5h im Transitbereich, also im Terminal.
Nach 2,5h Wartezeit im Terminal war erneut Boarding der DC-9. Dieses Mal wurde der Flug für die eigene Airline durchgeführt, für FlySAX. Die Bordkarten noch originell mit Handschrift. Sehr geil. Wenn auch mein Name falsch geschrieben wurde…
Der Junmpseat war wieder für mich reserviert und so ging es dann am Nachmittag nach Westen. Wir überquerten den riesigen Victoriasee. Wie ein Meer von oben. Am Nordwestlichen Ende lag unser Zielflughafen Entebbe. Der Anflug über den See war ein schönes Panorama. In EBB wird gerade ein neues Terminal gebaut. Dem alten sieht man sein Alter von außen auch an. Wieder verblieb ich im Flugzeug. Hier hätte ich zwar ein Visum bei Einreise bekommen, da Uganda touristisch erschlossen ist, aber ich wollte ja wieder zurück nach NBO.
Da im Cockpit der DC-9 so gut wie kein Sound zu erleben ist, wollte ich mir doch ein bisschen Dröhnung aufs Trommelfell geben. So tauschte ich freiwillig den Jumpseat gegen einen Platz hinten knapp vor den Engines. So gings dann wieder zurück nach NBO. Aber auch hinten ist bei Take off nicht viel geboten. Wie in einer F-100 etwa. Aber der Reverser brüllt halt schön. Auch wenn er nie voll gezogen wird.
Ich war überglücklich über diesen erfolgreichen Flugtag! Missionsziel Nr. 1 auch erfüllt!
Es verblieb mein letzter Tag in Kenia. Diesen nutzte ich wieder einmal für Safari. Anstatt in den Häuserschluchten der Stadt zu verschwinden bevorzugte ich die Weiten der Savanne. Der Nairobi Nationalpark liegt direkt vor den Toren der Stadt. Das besondere ist, dass man die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum vor der Kulisse der Großstadt Nairobi ablichten kann.
Am Eingang des NP wird immer wieder mal von der Regierung beschlagnahmtes Elfenbein verbrannt. Ein beeindruckend großer Berg.
Im Anschluss gings zur David Sheldrick Elephant Orphanage. Dort werden etwa 30 Baby-Elefanten aufgezogen, deren Mütter in freier Wildbahn erschossen oder umgekommen sind. Man konnte die Elefanten sogar anfassen. Wenn die Babys größer sind, werden sie wieder in Nationalparks ausgewildert (was pro Tier aber bis zu 5 Jahre in Anspruch nehmen kann).
Gleich danach besichtigte ich noch das Giraffenzentrum, wo die seltene Rothschildgiraffe gezüchtet wird, um ihr Aussterben zu verhindern. Alle Neugeborenen werden ab einem gewissen Alter in Nationalparks ausgewildert.
Das besondere war, dass man sie füttern konnte. Extrem lang und schleimig deren Zunge…
Der Besuch einer Krokodilfarm zum Schluss rundete das Tagesprogramm ab und gegen Mitternacht fand dann mein Rückflug mit BA 747-400 (diesmal 20 Jahre alt und geringfügig morderne Kabine) nach LHR (inkl. der berühmten Warteschleife über der Stadt wegen größerer Staffelung aufgrund starken Windes) und weiter nach MUC statt.
Eine wunderbare Kurzreise ging zu Ende. Ich war begeistert und erfreut, dass alles perfekt funktioniert hatte.